1:2! Heidenheim unterliegt Stuttgart in einem Spiel mit Pokalcharakter

Mit großer Vorfreude wurde auf der schwäbischen Alb auf das Spiel des 1. FC Heidenheim gegen den VfB Stuttgart hin gefiebert. Für die Heidenheimer war es das zweite Pflichtspiel gegen das Team aus der Landeshauptstadt und somit das Highlight der Saison. Bereits im Hinspiel überraschte der Underdog und konnte beim VfB einen 1:2-Auswärtserfolg feiern. Mit dem gleichen Ergebnis endete auch das Rückspiel, wieder war das Auswärtsteam der Sieger. Doch so normal das Ergebnis auch scheint, umso faszinierender und berauschender waren die 90 Minuten. Jeder einzelne der 15.000 Zuschauer wurde für sein Kommen belohnt.

Stuttgart im Stile einer Spitzenmannschaft

Die Partie war in nur wenigen Stunden ausverkauft gewesen und es hätte auch gut das Dreifache an Tickets verkauft werden können. Bereits vor dem Anpfiff sorgten die Heidenheimer mit einer zweiteiligen Choreographie für eine würdige Atmosphäre. Nach 200 Jahren des „Königreichs Württembergs“ wird ein „neues Zeitalter kommen“, war die Aussage der Heidenheimer Anhänger und deuteten darauf hin, dass nun nicht mehr allein der VfB Stuttgart die Farben Württembergs in Sachen Fußball vertritt, sondern sich auch der 1. FC Heidenheim einen Namen gemacht hat. Die Choreografie ist auch bezeichnend für den gesamten Spielverlauf. Die Heidenheimer zeigten eine couragierte Leistung und schrammten hauchdünn an einem Unentschieden vorbei. Letztendlich setzte sich der Favorit mit viel Kampf doch noch durch und untermauerte die Spitzenposition im Land und auch in der Liga. Die Hausherren begannen jedoch frech und kamen nach etwa 100 Sekunden zum ersten Torabschluss. Doch der Abschluss von Marc Schnatterer stellte Mitch Langerak vor keine größeren Probleme. In Folge sah man deutlich wohin sich das Spiel entwickelt. Die Gäste überzeugten durch ein sehr sicheres und schnelles Kombinationsspiel, welches bei strömendem Regen nicht selbstverständlich ist. Heidenheim dagegen setzte auf Konter. Sie ließen sich weit zurückfallen und hofften auf Ballgewinne im Mittelfeld, um dann mit ihrem schnellen Umschaltspiel auch schnell zum Torabschluss zu kommen. Darauf eingestellt gingen die Gäste kein allzu großes Risiko ein, aber da auch der Abwehrverbund des 1. FCH  sehr konzentriert zu Werke ging, wartete man auf gefährliche Strafraumaktion vergebens. Klar konnte man die spielerische Überlegenheit des Tabellenführers sehen, die aber spätestens am Strafraum auch keine Mittel mehr fand. Fast folgerichtig musste ein Standard für den ersten Treffer herhalten. Anto Grgic brachte einen Eckball auf Christian Gentner, dessen erster Versuch zwar noch geblockt wurde, aber im Nachschuss die Lücke fand und auch etwas Glück hatte, dass Marc Schnatterer auf der Linie nicht mehr richtig an den Ball kam, um diesen von der Linie noch klären zu können (18.). Der Treffer gab den Gästen noch mehr Sicherheit. Heidenheim sah man zwar den Willen an, aber gegen abgeklärte Stuttgarter war in dieser Phase nicht viel auszurichten. „In der ersten Halbzeit hat uns etwas der Mut gefehlt“, so FCH-Coach Frank Schmidt. In der 32. Spielminute musste dann auch Schmidt kräftig durchatmen, als sich der VfB über die linke Angriffsseite nach vorne kombiniert hat. Emiliano Insua gelang es dann bis den Strafraum zu kommen und passte überlegt an den langen Pfosten zu Carlos Mane. Der Portugiese stand völlig frei, aber anstatt den Ball ins leere Tor zu schieben, vergab er die riesen Chance und setzte den Ball gut zwei Meter am Tor vorbei.

Brekalo übertrumpft Schnatterers Traumtor

Es musste eine Einzelaktion herhalten, damit der 1. FCH wieder zurück in das Spiel fand. Schnatterer zog von der linken Außenbahn nach innen und schlenzte den Ball aus 25 Metern unhaltbar für Langerak ins lange Eck (42.). Ein überaus wichtiger Treffer, der zu diesem Zeitpunkt auch völlig überraschend kam, den Heidenheimern für den zweiten Spielabschnitt aber neuen Mut brachte. Gleich zu Beginn wurde offensiver verteidigt und den Gästen weniger Raum gelassen, die nun größere Probleme hatten das Spielgeschehen unter Kontrolle zu halten. Trotz der optischen Feldvorteile fehlte den Hausherren weiterhin die letzte Konsequenz im Abschluss. Ganz anders der VfB, der durch Gentner die nächste Chance verzeichnen konnte. Aus 20 Metern schloss er direkt ab, Kevin Müller tauchte ab und konnte den Ball gerade noch mit den Fingerspitzen um den Pfosten lenken (64.). Auch der anschließende Eckball sorgte für Gefahr, als Torjäger Simon Terodde erstmals in Erscheinung trat, aber sein Kopfball im Kollektiv von Müller und Schnatterer auf der Linie geklärt werden konnte. Aber auch den Heidenheimern gelang es nun offensiv für Akzente zu setzen. Die dickste Chance ergab sich wieder einmal für den emsigen Kapitän Schnatterer, dessen strammer Abschluss von der Strafraumkante nur das Außennetz touchierte (71.). Im direkten Gegenzug gelang den Stuttgartern der entscheidende Treffer. Heidenheim brachte den Ball nicht aus der Gefahrenzone, der eingewechselte Josip Brekalo kam 22 Meter vor dem Tor an den Ball, stand mit dem Rücken zum Tor und zog aus der Drehung ab. Der Ball flog im perfekten Bogen, unhaltbar für Müller, direkt in den Winkel. Damit sorgte Brekalo für die erneute Führung und hat auch sehr gute Chancen auf den Titel „Tor des Monats“ im Februar. „Es macht mich unheimlich stolz mit welcher Mentalität und Moral sich das Team gegen die Niederlage gestemmt hat, gegen einen VfB Stuttgart, der natürlich eine spielerische Dominanz hatte und auch die nötige Erfahrung“, so Schmidt. Denn was nun für eine Schlussphase folgte, sieht man höchstens einmal pro Saison. Den Anfang machten die Stuttgarter in Form von Grgic, der einen Freistoß aus 23 Metern über die Mauer zirkelte. Dieses Mal jedoch konnte Müller den Ball gerade noch aus dem Winkel fischen, bevor das nächste Traumtor in der Partie gefallen wäre (76.).

Heidenheims irrsinnige Drangphase bleibt erfolgslos

Auch brachte der nachfolgende Eckball wieder gehörig Unruhe in der Box des 1. FCH. Wieder war es Terodde, der sich beim Kopfball durchsetzte, aber wieder an Schnatterer scheiterte, der abermals auf der Linie stand und den Ball klären konnte. Offensiv ging weiterhin viel über Schnatterer, der mit einer gefühlvollen Flanke aus dem rechten Halbfeld den Kopf von Tim Kleindienst fand, dieser auch gegen die Laufrichtung von Langerak köpfte, aber auch knapp am Pfosten vorbei (80.). Was dann folgte ist kaum mit Worten zu beschreiben. Es begann mit einem Eckball von Schnatterer in der 84. Minute. Alle Stuttgarter befanden sich im eigenen Strafraum und klärten den Ball. Aus dem Hintergrund kam jedoch der eingewechselte Tim Skarke an den Ball und nahm diesen mit vollem Risiko direkt. Dieses Mal war Kevin Großkreutz richtig positioniert und klärte auf der Linie. Anschließend klärten die Gäste auf Kosten eines weiteren Eckballs. Wieder brachte Schnatterer den Ball in die Mitte. John Verhoek setzte sich sechs Meter vor dem Tor beim Kopfball durch, aber dieses Mal war Brekalo zur Stelle und klärte den Ball kurz vor der Linie. Wieder ging der Ball ins Toraus und Schnatterer nahm sich der dritten Ecke in Folge an. Wieder kam diese perfekt vor das Tor, Mathias Wittek stieg diesmal am höchsten und köpfte auf das lange Eck. Langerak tauchte ab, lenkte den Ball an die Latte, von dort aus sprang der Ball an den Pfosten und dann wieder ins Toraus. Den vierten Eckball in Folge setzte Sebastian Griesbeck im Nachschuss auf das Tribünendach und der VfB überstand diese brenzligen Situationen schadlos. Die Stuttgarter konnten den knappen Vorsprung über die Zeit retten und revanchierten sich für die Niederlage im Hinspiel. Die Heidenheimer können stolz auf die gezeigte Leistung sein, auch wenn das Endergebnis im ersten Moment sehr ärgerlich erscheint. Die Zuschauer im Stadion sahen ein denkwürdiges Spiel mit zwei Traumtoren und einem unfassbaren Chancenfestival in der Schlussphase. Auch die beiden Trainier lobten auf der Pressekonferenz die Atmosphäre im Stadion und waren begeistert, von der Intensität des Spiel, die beide Mannschaften an den Tag gelegt haben.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"