Zweitliga-Topspiel Darmstadt – Ingolstadt: Die Unerwarteten

Entgegen allen Experten-Prognosen führen der FC Ingolstadt und der SV Darmstadt 98 mitten in der Saison die Tabelle der Zweiten Liga an. Beide Mannschaften leben von Teamgeist und Einsatz, die Trainer haben ähnliche Spielideen. Einen Unterschied gibt es aber doch. Man kennt sich. Ende der 90er-Jahre spielten Ralph Hasenhüttl und Dirk Schuster zusammen für den 1. FC Köln in der 2. Bundesliga: Der Österreicher im Sturm, der in Chemnitz groß gewordene Schuster in der Abwehr. Heute sind sie Trainer in der Zweiten Liga: Schuster ist seit Winter 2013 in Darmstadt verantwortlich, Hasenhüttl kam im Oktober desselben Jahres nach Ingolstadt. Und seitdem sie an der Seitenlinie stehen, geht es mit ihren Teams bergauf – der vorläufige Gipfel ist derzeit erreicht:

Momentan belegen Ingolstadt und Darmstadt mehr als unverhofft Rang eins und zwei, die vermeintlich stärkeren Mannschaften haben sich bislang reihenweise die Zähne an ihnen ausgebissen. Dafür gibt es gute Gründe. In den Pressekonferenzen nach den Partien mit Ingolstädter oder Darmstädter Beteiligung loben die gegnerischen Trainer dieselben Eigenschaften, meist mit der Floskel „Wir wussten was uns erwartet“. Nämlich eine der „besten Defensiven der Liga“, und dass Ingolstadt und Darmstadt schnell umschalten, war den Kauczinskis, Runjaics und Zornigers auch bekannt. Allein, gebracht hat es in den meisten Fällen nicht viel. Die Oberbayern haben bislang nur einmal verloren, Darmstadt zweimal.

„Wir wissen, was wir zu tun haben“

Tatsächlich setzen sowohl Schuster als auch sein Kollege auf eine stabile Defensive, welche von einem laufintensiven Pressing der gesamten Mannschaft unterstützt wird. Bei Ballbesitz bringen sich die schnellen Außenspieler wie etwa Darmstadts Marcel Heller oder Ingolstadts Stefan Lex in Position, im Idealfall wird das Mittelfeld in wenigen Sekunden überbrückt. In vorderster Front wartet für Darmstadt 98 Mittelstürmer Dominik Stroh-Engel, der bereits acht Treffer auf dem Konto hat, sein Ingolstädter Pendant Lukas Hinterseer war siebenmal erfolgreich. Eine im Grunde einfache Spielidee, welche jedoch nur funktioniert, wenn sich alle Spieler auf dem Platz bedingungslos an die Vorgaben halten und ihrem Trainer blind vertrauen.

„Wir wissen auf dem Platz immer, was wir tun müssen. Wir haben einen klaren Plan“, sagt etwa Darmstadt-Mittelfeldspieler Jerôme Gondorf. Schuster und Hasenhüttl, beide übrigens Jahrgang 1967, verfügen jedoch auch über das passende Personal für ihre Spielidee: Ingolstadt hat mit Marvin Matip und Benjamin Hübner kopfballstarke und spielintelligente Innenverteidiger in seinen Reihen, gleiches gilt für Darmstadts Aytac Sulu und Romain Brégerie. Kapitän Sulu spielt in Darmstadt noch eine etwas herausragendere Rolle als sein Kollege Matip, der 29-Jährige entwickelte sich im Laufe der bisherigen Saison zum Inbegriff des Anführers: Just im Hinspiel in Ingolstadt zu Beginn der Saison trug Sulu nach einem Zusammenprall mehrere Gesichtsfrakturen davon und musste einige Wochen pausieren. Im Comeback gegen Aue im September spielte er trotz Platzwunde mit Turban und Gesichtsmaske weiter, beim 1:0-Sieg vor einer Woche gegen St. Pauli zog er sich eine durch einen Schlag ins Gesicht locker gewordene Brücke kurzerhand selbst. Solche Aktionen reißen eine Mannschaft, einen ganzen Verein mit.

Sulu und Groß prägende Figuren

Mit seiner bisherigen Leistung in dieser Saison hat auch Pascal Groß seine Ingolstädter mitgerissen: Der zentrale Mittelfeldspieler hat sich zu der prägenden Figur im Spiel seines Teams entwickelt, bereits vier Tore und zehn Vorlagen stehen auf seinem Konto. Das System, die Typen in der Mannschaft, die Trainer – beide Vereine weisen also viele Gemeinsamkeiten auf, einen Unterschied gibt es dennoch: Ingolstadt gehört bereits seit vier Jahren der Liga an, der SV Darmstadt 98 ist Aufsteiger. Erst in buchstäblich letzter Minute sicherten sich die „Lilien“ in der Relegation gegen Bielefeld die Rückkehr in die Zweite Liga. Der Etat ist von allen Vereinen der kleinste, während Ingolstadt über eine mehr als solide Unterstützung von Hauptsponsor Audi verfügen kann. Auf dem Platz begegnen sich beide Teams heute jedoch auf Augenhöhe, bei insgesamt so vielen Gemeinsamkeiten wäre ein Unentschieden fast das logische Ergebnis – das Hinspiel endete jedenfalls schon mal 2:2.

FOTO:  FU Sportfotografie

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