Absturz in 799 Tagen: FCN-Aufsichtsrat kündigt Analyse an

Sekunden trennten den 1. FC Nürnberg am Samstag vom absoluten Schreckensszenario, auch zwei Tage später dürfte den Verantwortlichen des Vereins der Schock noch in den Knochen sitzen. Selbst für manchen Club-Fan kratzt die hauchzarte Rettung am Rande des Verdienten, nun gerät in Nürnberg alles auf den Prüfstand. Die Zukunft von Sportvorstand Robert Palikuca ist offen, doch das Problem sitzt tiefer.

Grethlein erleichtert und kritisch

Die Ecke von Enrico Valentini kommt rein, in der Mitte scheitert Georg Margreitter im ersten Versuch und anschließend drückt Hanno Behrens den Ball über die Linie - es war nicht der Treffer zum 1:3 gegen Ingolstadt, der die Männer von Nürnberg zum Weinen brachte. Es war das Tor gegen Sandhausen, das vor 799 Tagen schon einmal zur Ekstase im Frankenland sorgte und den 1. FC Nürnberg in die Bundesliga aufsteigen ließ. 26 Monate später war der Deckel auf dem Drittliga-Abstieg bereits drauf, mancher FCN-Fan wundert sich auch zwei Tage später noch über die Last-Minute-Rettung.

"Ich bin natürlich unfassbar erleichtert", fällt Aufsichtsratsvorsitzendem Thomas Grethlein gegenüber dem "Nordbayern" ein Stein vom Herzen. Der Blick in den Abgrund war nach, die Fallhöhe wäre tief gewesen. "Sehr tief, das hätte uns schon schwer gebeutelt, es wäre sehr schwer geworden", betonte der 62-Jährige, der im Ingolstädter Stadion selbst - oder erst recht - nach dem rettenden Treffer noch Starr vor Schreck war. Vor dem Aufsichtsratsboss liegt nun eine Menge Arbeit: "Wir müssen schauen, wo die Fehler lagen, warum die Mannschaft zwei Gesichter hat, das ist für mich nicht erklärbar."

"Wird kein 'Weiter so' geben"

Eine Hauptrolle in der Saisonanalyse wird Sportvorstand Robert Palikuca bekommen. "Seien Sie sicher, dass es kein 'Weiter so' geben wird", kündigte der 42-Jährige bereits nach dem torlosen Remis gegen Bochum an, seine eigene Person kommentierte Palikuca bislang nicht. Im Hintergrund liefen bereits die Planungen, wohl in alle Richtungen. Ob der Club mit Palikuca weitermachen wird, ist offen: "Das wird sich in den nächsten Tagen entscheiden."

Der Kern des Problems von Nürnberger Tristesse liegt jedoch tiefer. Palikuca kam im April 2019, schon vorher war das Kind in der Bundesliga in den Brunnen gefallen. Mit nur 19 Punkten zum Saisonabschluss stellte der FCN eine der schlechtesten Bilanzen der Geschiche auf. Ein Jahr darauf drohte der Komplett-Absturz, obwohl Spieler wie Mikael Ishak, Hanno Behrens, Lukas Mühl, Georg Margreitter, Enrico Valentini oder Adam Zrelak vor 26 Monaten genauso am Erstliga-Aufstieg beteiligt waren, wie jetzt an der Zweitliga-Rettung. Trainer wie Boris Schommers, Damir Canadi und Jens Keller scheiterten auf unfassbare Weise.

Beim Club steht deshalb alles in der Kritik, auch der Aufsichtsrat um Thomas Grethlein. Dessen Amtszeit endet im Oktober und es scheint angesichts einer möglichen Briefwahl aufgrund der Corona-Pandemie so zu kommen, dass erstmals seit 1910 alle Mitglieder des FCN in wenigen Wochen über die Zukunft ihres Vereins bestimmen können.

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