"Fall Jatta“: HSV in Erklärungsnot

Im "Fall Bakery Jatta“ ist der Hamburger SV in Erklärungsnot geraten. Einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel zufolge ist dem Verein der Verdacht einer Scheinidentität seines gambischen Angreifers entgegen bisheriger Angaben angeblich schon seit Januar 2016 bekannt.

Frühe Hinweise eines Spielerberaters

Laut den Spiegel-Angaben unter Berufung auf die Enthüllungsplattform "Football Leaks“ soll  ein Spielerberater die Norddeutschen schon vor Jattas Verpflichtung durch eine Mitteilung an einen HSV-Mitarbeiter auf Zweifel an den Angaben des Afrikaners zu seiner Person aufmerksam gemacht haben. Der Agent identifizierte Jatta dabei ebenso wie zuletzt auch die Zeitschrift Sport Bild als Bakery Daffeh und nannte auch einen früheren Klub des damaligen Teenagers. Der Klubangestellte blieb bei seinen anschließenden Nachforschungen zwar erfolglos, schloss sich aber in einem internen Vermerk den Mutmaßungen des Spielerberaters an und bezeichnete seine Einschätzung als "Hauptverdacht“.

Auch um Jattas Vorgeschichte als Fußballer herrscht immer mehr Verwirrung: Obwohl Jatta laut eigener Aussage vor seinem Engagement bei HSV in seiner Heimat nie bei einem Verein gespielt, existiert laut Recherchen der Bild-Zeitung und von Sport Bild beim Weltverband FIFA ein Spielerprofil mit seinem jetzigen Namen und mit einem Eintrag beim gambischen Erstligisten Brikama United bis zum 30. Juni 2016 - als Flüchtling war Jatta jedoch schon 2015 in Deutschland angekommen.

Durch die neuen Informationen hat die Debatte über Jatta eine unerwartete Wende genommen. Erst am Donnerstag noch hatte sich der HSV ausdrücklich vor seinen Profi gestellt und dabei durch Sportchef Jonas Boldt darauf hingewiesen, dass Jatta seine ursprünglichen Angaben nochmals bestätigt habe.

Noch keine DFL-Reaktion auf neue Entwicklung

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) stellte kurz nach einer entsprechenden Forderung des HSV klar, dass Jatta bis auf Weiteres sowohl für das anstehende Pokalspiel des Ex-Meisters am Sonntag beim Drittligisten Chemnitzer FC als auch für Einsätze in Liga-Begegnungen spielberechtigt bleibe. Bis zum Freitagmittag lag noch keine DFL-Reaktion auf die neue Entwicklung vor.

Hamburgs Trainer Dieter Hecking plant denn auch für die Begegnung in Chemnitz mit Jatta. "Natürlich nehmen wir ihn mit. Aus meiner Sicht gibt es gar keinen Grund, ihn hierzulassen", erklärte der Coach auf der Pressekonferenz für das Pokalmatch. Zugleich warnte Hecking vor einer Vorverurteilung seines Schützlings: "Man muss erstmal die Beweislage abwarten", sagte der 54-Jährige und mahnte, "das Thema mal runterzufahren". Heckings Angaben zufolge gehe Jatta "relativ entspannt" mit dem Wirbel um seine Person um.

Jatta soll sich nach seiner Flucht aus Gambia durch die Angaben eines falschen Nachnamens und eines späteren Geburtstages Erleichterungen für die Erlaubnis für einen Aufenthalt in Deutschland erschlichen haben. Aufgrund seiner Angaben bei den deutschen Behörden erhielt Jatta als mutmaßlich Minderjähriger zunächst einen Duldungsstatus, der später in eine erst kürzlich bis 2022 verlängerte Aufenthaltsgenehmigung umgewandelt wurde. Ein nach Bekanntwerden des Verdachts bereits unterstellter Asylbetrug liegt nicht vor, da Jatta keinen Asylantrag gestellt hat.

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