St. Pauli nach 3:3 in Berlin: „Mund abputzen und weiter geht’s“
Drei der der letzten vier Spiele hatte Union Berlin vor dem Aufeinandertreffen mit dem FC St. Pauli verloren. Dabei erging es ihnen ganz ähnlich wie zuletzt ihren Hamburger Kontrahenten – sie verpassten es, sich für den eigenen Aufwand zu belohnen. Darüber können sich die „Eisernen“ nach einem irren Spiel und einem dramatischen 3:3-Ausgleichstreffer in der 93. Minute wahrlich nicht beschweren. Das „Geschmäckle“ bleibt eher bei den Hamburgern. Für die Neutralen war das Spiel hingegen ein echter Schmaus.
Die Partie entfaltete bereits vor dem Anpfiff einen hohen Unterhaltungswert. Bei der Seitenwahl schnippte Schiedsrichter Robert Schröder Unions Damir Kreilach aus Versehen die Münze ins Gesicht. Der Berliner Kapitän nahm es gelassen. Gelassen konnte es auch die Zuschauer an der Alten Försterei angehen, denn viel passierte zunächst nicht. In der 20. Minuten stand dann allerdings Waldemar Sobota am zweiten Pfosten goldrichtig, um eine Flanke von Daniel Buballa zu verwerten. In der Strafraummitte hatte Union den Ball nicht entscheidend klären können. Der Pole verwandelte trocken unten links und der Auftakt in eine rasante Partie war gemacht. Die Umstellung des Hamburger Übungsleiters Ewald Lienens von einem 4-5-1 zu einem 4-4-2- System schien auch zu funktionieren.
Erneuter Himmelmann-Patzer in Berlin
Gen Ende der ersten Hälfte gewann die Partie noch einmal ordentlich an Fahrt. Obwohl St. Pauli das griffigere der beiden Teams war, stellten die Berliner den Spielverlauf noch vor der Pause auf den Kopf. Kopf ist auch ein gutes Stichwort, denn genau an diesen fasste sich St.-Pauli-Schlussmann Robin Himmelmann nach seinem groben Schnitzer zum zwischenzeitlichen 1:1 (42). Statt die von allen Spielern im Strafraum verpasste Hereingabe von Eroll Zejnallahu einfach aufzunehmen, ließ der Keeper das Spielgerät nämlich ins eigene Netz abprallen. Besonders bitter: Bereits bei derselben Begegnung hatte Himmelmann im Vorjahr entscheidend gepatzt.
Es kam allerdings noch dicker für die Kiezkicker: Die Köpenicker hatten jetzt Blut geleckt und drängten auf die Führung und die gelang auch - aber abermals nur unter freundlicher Mithilfe eines Hamburgers. Statt den Ball vor der eigenen Grundlinie ins Aus zu klären schirmte Fafa Picault das Spielgerät lieber ab und gab Michael Parensen so noch die Chance, ihm das Leder abzugrätschen. Wieder auf den Beinen legte Parensen den Ball in die Mitte auf Maximilian Thiel und nach drei Minuten und 15 Sekunden war das Spiel gedreht. Aus Hamburger Sicht war die Verzahnung unglücklicher Umstände bei diesem Gegentor allerdings äußerst unglücklich, da der Ball nur die Linie überquerte, weil Lasse Sobiech den Torschützen beim Klärungsversuch aus kurzer Distanz angeschossen hatte.
St. Pauli dreht gedrehtes Spiel
Für St. Pauli hieß es jedoch „Schwamm drüber“ - die gezeigte Leistung war gut, das Ergebnis nicht. Das wollten die Braun-Weißen nun ändern: Fast unmittelbar nach dem Seitenwechsel zimmerte der eingewechselte Sebastian Maier den Ball nach einer sehenswerten Hamburger Kombination an den Pfosten. Die Taktzahl und Intensität der Angriffe stimmte, in der 54. Minute egalisierten die Gäste schließlich. Nach einer Flanke von Links behinderten sich zwei Berliner im Strafraum gegenseitig und der aufgerückte Marc Hornschuh drosch den Ball aus dem Rückraum in die Maschen (54.). Knappe zehn Minuten später verzeichnete Maier mit einem Freistoß Pfostentreffer Nummer Zwei.
Statt mit Effet fiel die Führung der Kiezkicker aber eher ein wenig glücklich - dieses Mal mit freundlicher Unterstützung von Berlins Keeper Daniel Haas. Nach einer Ecke begab der sich nämlich ins Torhüter-Niemals Land, so dass Jeremy Dudziak das 3:2 geschmeidig mit dem Rücken erzielen (73.) konnte. St. Pauli drehte ein zu ihren Ungunsten gedrehtes Spiel. Für den Neuzugang vom BVB war er es der erste Pflichtspiel-Treffer für Braun-Weiß.
Kessel sticht spät zu
Im Rücken von St. Pauli war jedoch noch Platz für einen erneuten Dolch in puncto Ergebnisausbeute, und den trug Benjamin Kessel bei sich, als er in der 93. Minute den 3:3-Endstand markierte. Kreilachs Abschluss war von Sobiechs Fuß in die Luft abgeprallt und Kessel war schlicht als erster zur Stelle gewesen. Im Anschluss an das Spiel suchte Christopher Buchtmann gegenüber fcstpauli.com nach einer Erklärung: „Das war ein richtig gutes Auswärtsspiel von uns. Ich weiß auch nicht, was ich sagen soll. Es ist einfach Pech, dass uns die zwei Dinger kurz vor der Halbzeit so reinflutschen. Jetzt heißt es Mund abputzen und weiter geht’s.“
Auch wenn das späte Gegentor schmerzt, ist die Punkteteilung letztlich nicht unverdient, zumal die Lienen-Elf den Kopf in der Schlussviertelstunde gleich mehrfach nur knapp aus der Schlinge gezogen hatte. Dass seine Schützlinge nach dem Rückstand noch einmal so aufdrehten rechnete ihnen Lienen allerdings hoch an: „Die Mannschaft hat eine Riesenmoral bewiesen“, sagte er gegenüber der Vereins-Webseite. Wenn überhaupt, sei das Spiel seines Teams vielleicht ein wenig zu passiv gewesen. Der 61-Jährige fügte jedoch hinzu, dass Union auch einen Riesendruck gemacht habe.
Die Anzahl “verschenkter“ Punkte läppert sich inzwischen aber – gegen das aktuelle Spitzenduo aus Freiburg (25.10., 13:30 Uhr) und Bochum (30.10., 18:30 Uhr) kann die Lienen-Elf in den kommenden Wochen nun zeigen, wie widerstandsfähig sie ist und ob sie die Selbst-Sabotage abstellen kann.