Würzburger Kickers: Das war der Weg zum Wunder
Die Würzburger Kickers haben Fußballgeschichte geschrieben. Als zweiter Verein gelang den Unterfranken der direkte Durchmarsch von der Regionalliga in die 2. Bundesliga. Das schaffte vorher nur RB Leipzig (2014), die den Durchmarsch allerdings mit einem wesentlich höheren Etat in die Tat umsetzen konnten. Die Würzburger, die mit einem der niedrigsten Etats der Liga aufwarteten, haben dank einer herausragenden sportlichen Entwicklung das Märchen wahr werden lassen. Die Unterfranken sind nach 36 Jahren zurück im deutschen Unterhaus und das obwohl vor vier Jahren noch in der sechstklassigen Landesliga gekickt wurde. liga2-online.de hat die wichtigsten Etappen auf dem Weg zum Würzburger Wunder zusammengefasst.
6. Juni 2012: Doppelaufstieg von der Landesliga in die Regionalliga
2004 rutschte der Würzburger Traditionsverein bis hinunter in die Bezirksliga (7. Liga). Nach der Meisterschaft in der Landesliga 2011/12 hatten die Rothosen aufgrund der Regionalliga-Reform plötzlich die historische Chance auf einen Doppelaufstieg. In der ersten Runde der Relegation kamen die Kickers mittels Freilos weiter, in Runde zwei düpierte der FWK den klaren Favoriten BC Aichach im Hinspiel mit 3:0 und machte dann im Rückspiel vor über 1000 Zuschauern am Würzburger Dallenberg mit einem 1:1-Unentschieden alles klar. Der Jubel kannte keine Grenzen, schließlich übersprangen die Kickers nicht nur eine Spielklasse, sondern überholten auch erstmals seit Jahren den Erzrivalen Würzburger FV. "Es ist einfach unglaublich, dass wir das geschafft haben. Jetzt sind wir die Nummer eins in Würzburg“, jubelte der damalige Cheftrainer Dieter Wirsching.
25. Juli 2012: Viertliga-Comeback nach 14 Jahren
Erstmals seit 1998 spielten die FC Würzburger Kickers wieder viertklassig, damals noch in der Bayernliga, ab Juli 2012 hieß die neue Herausforderung Regionalliga Bayern. Im ersten Heimspiel vor 1061 Zuschauern im Stadion am Dallenberg rang die neuformierte Mannschaft, eine Mischung aus Landesliga-Spielern und ambitionierteren Neuzugängen, der Greuther Fürther U23 ein 2:2 ab. Nach dem Doppelaufstieg etablierte sich die Mannschaft von Dieter Wirsching schnell in der neuen Liga und belegte am Ende einen starken 10. Tabellenplatz. Im Schnitt kamen in der Regionalliga-Debüt-Saison 891 Menschen zu den Heimspielen der Würzburger Kickers. Die Rekordkulisse gab es mit 5800 Besuchern beim Gastspiel der „kleinen“ Bayern und ihrem Ex-Star Mehmet Scholl als damaligen Cheftrainer.
12. Februar 2014: „3x3“ - Neue Zielsetzung am Dallenberg
Im zweiten Regionalliga-Jahr flachte die leicht aufkeimende Fußball-Euphorie in der Mainfranken-Metropole beinahe genauso schnell wieder ab, wie sie angefangen hat. Der Zuschauerschnitt war deutlich zurückgehend (722) und auch die Leistungen auf dem Platz ließen nur noch selten am frischen und frechen Aufsteiger aus dem Vorjahr erinnern. Das sahen wohl auch die zwei großen Macher im Hintergrund – Thorsten Fischer (Flyeralarm) und Michael Schlagbauer (Vorstandsvorsitzender) – so und sorgten im Februar 2014 mit der Veröffentlichung des „3x3“-Projekts für einen Paukenschlag. Das Vorhaben besagte, dass der Verein ab der Saison 2014/15 auf Profi-Bedingungen umstellt und innerhalb von drei Jahren in die 3. Liga aufsteigen möchte. Dazu benötigte es allerdings, abgesehen von den hohen Aufwendungen des Hauptsponsors Flyeralarm, weitere finanzielle Unterstützung, die der Verein sowohl in Firmen als auch Fans suchte.
27. Februar 2014: Hollerbachs Zusage
Auch wenn „3x3“ von Beginn an viele Zweifler und Gegner hatte, reagierte der Großteil der Firmen und Würzburger für hiesige Verhältnisse euphorisch auf die ehrgeizigen Pläne der Kickers. Richtig ins Rollen kam das Ganze dann am 27. Februar, als Bernd Hollerbach überraschend (frühzeitig) bekanntgab, für das anstehende Projekt als Cheftrainer bereit zu stehen. Eigentlich war Hollerbach, einst Jugendspieler bei den Kickers, lediglich als prominenter Unterstützer in der Image-Kampagne von „3x3“, neben weiteren (Ex)Sportlern vorgesehen. Die vielversprechende Würzburger Fußball-Zukunft begann für viele Beobachter mit der Zusage Hollerbachs Anfang Februar 2014. „Ich habe dem Verein viel zu verdanken und möchte den Menschen im Verein jetzt gerne etwas zurückgeben“, sagte der ehemalige Bundesliga-Spieler nach Vertragsunterschrift.
14. Mai 2014: Kickers gewinnen Toto-Pokal
Die Zukunft der Kickers hieß seit Monaten Bernd Hollerbach und „3x3“. Die Gegenwart war geprägt von Regionalliga-Tristesse. Nicht viel erinnerte an den frechen und selbstbewussten Aufsteigern aus dem Vorjahr. Die gut besetzte Elf von Wirsching dümpelte im Mittelfeld der Tabelle und konnte nur selten ihr wahres Potential abrufen. Was in der Mannschaft steckte, zeigte diese im Toto-Pokal, den sie im Endspiel gegen Liga-Konkurrent SV Schalding-Heining im Elfmeterschießen gewinnen konnten. Die Kickers feierten den größten Erfolg der Vereins-Geschichte seit über 35 Jahren und freuten sich auf den Einzug in den DFB-Pokal – ein gelungener Abschied von Cheftrainer Dieter Wirsching, der das Zepter von nun an in die Hände von Bernd Hollerbach übergab.
11. Juli 2014: Auftaktsieg beim Titel-Favoriten
Die Saison 2014/15 war der Startschuss für das ambitionierte „3x3“-Projekt der Würzburger Rothosen. Kein Stein blieb auf dem anderen. Die Spieler waren von nun an Vollzeit-Profis, trainiert wurde zwei Mal täglich einige Kilometer entfernt auf dem Sportgelände der SG Randersacker. Die Ausgliederung der ersten Mannschaft erfolgte bereits im April. Unter den zahlreichen Neuzugängen tummelten sich namhafte Ex-Profis wie Amir Shapourzadeh, Robert Wulnikowski und Christian Demirtas. Zum Liga-Auftakt sorgte die rundum erneuerte Würzburger Elf auch gleich für einen ligainternen Paukenschlag. Im ersten Pflichtspiel unter Bernd Hollerbach schlug der FWK den großen Titelfavoriten FC Bayern München II im Stadion an der Grünwalder Stadion mit 2:1. Es war der Startschuss für einen imposanten Start-Ziel-Sieg der Kickers in der Regionalliga Saison 2015/16.
17. August 2014: Sensation im DFB-Pokal gegen Düsseldorf
In der Liga legten die Rothosen unter ihrem neuen Coach Bernd Hollerbach einen furiosen Start hin. Mindestens genauso furios war dann auch das DFB-Pokal Erstrundenspiel vor 10.000 Zuschauern in der ausverkauften Flyeralarm Arena. Zweitligist Fortuna Düsseldorf konnte in der Verlängerung durch ein Tor von Steven Lewerenz mit 3:2 aus dem Wettbewerb gekickt werden. Nun traten die „neuen“ Kickers auch erstmals bundesweit in Erscheinung – es sollte in den nächsten Jahren nicht das letzte Mal gewesen sein.
31. Mai 2015: Aufstieg in die 3. Liga
Nach dem die Kickers souveräner Meister der Regionalliga Bayern 2014/15 wurden, ging es in der unliebsamen Aufstiegs-Relegation zur 3. Liga, gegen den früheren Bundesligist 1.FC Saarbrücken. Begleitet von über 1000 Fans legten die Unterfranken einen 1:0-Sieg (Tor: Nico Herzig) im ehrwürdigen Saarbrücker Ludwigspark vor. Das Rückspiel wurde zum wahren Fußball-Krimi. Die Gäste aus dem Saarland schlugen zurück und führten ihrerseits nach weiteren 90 Minuten mit 1:0. Über Aufstieg und Nichtaufstieg musste demnach im Elfmeterschießen entschieden werden. Dort wurde Torwart-Oldie Robert Wulnikowski, vor 10.500 Zuschauern am Dallenberg, letztlich zum umjubelten Würzburger Aufstiegshelden. Die Rothosen gewannen mit 6:5 - „Wulle“ hielt den letzten Saarbrücker Strafstoß. „3x3“ war nach nur einem Jahr Geschichte: Die Kickers brauchten nur eine Saison, um das große Ziel 3. Liga zu erreichen.
25. August 2015: Erster Drittliga-Sieg
Als Neuling im Profi-Fußball konnte das Saisonziel nur „Klassenerhalt“ heißen. Weitere Neuzugänge wie Rico Benatelli, Royal-Dominique Fennell oder Richard Weil verstärkten die ohnehin stark besetzte Truppe von Bernd Hollerbach. Zu Beginn vertraute der Trainer vor allem auf seine starke Defensive. Bis zum ersten Sieg in der neuen Liga mussten die Fans der Rothosen fünf Spieltage warten. Dann war es so weit: Unter Flutlicht an der Stuttgarter Waldau siegte der FWK durch Tore von Benatelli und Russ gegen den VfB Stuttgart II hoch verdient mit 2:0. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch keiner erahnen, dass noch 15 weitere Siege dazu kommen und die Kickers als Aufsteiger am Saisonende sensationell auf Platz drei stehen werden.
24. Mai 2016: Durchmarsch in die 2. Bundesliga
Nur vier Jahre nach dem Doppelaufstieg von der Landesliga in die Regionalliga Bayern standen die Würzburger Kickers im Mai 2016 als Sensations-Dritter Zweitligist MSV Duisburg gegenüber. Im Hinspiel schlug der FWK vor einem Millionenpublikum an den TV-Geräten und vor 10.000 Zuschauern in der Flyeralarm Arena den Favoriten aus dem Ruhrgebiet verdient mit 2:0. Die Kickers setzten ihr grandios erfolgreiches Jahr 2016 nahtlos fort. Die einzige Niederlage des Jahres datierte noch von einer 0:1-Niederlage im Februar gegen Rot-Weiß Erfurt. Auch im Rückspiel ließ die Hollerbach-Elf, begleitet von 2500 unterfränkischen Schlachtenbummlern, vor knapp 30.000 Zuschauern im Duisburger Hexenkessel nichts anbrennen und siegte durch Tore von Soriano und Benatelli mit 2:1. Das Wunder ist perfekt. Die Kickers spielen ab der Saison 2016/17 in der 2. Bundesliga und treffen dort auf Traditionsklubs und frühere deutsche Meister wie den VfB Stuttgart, 1.FC Nürnberg oder 1860 München. Ach ja, das Anfang des Jahres verkündete Projekt „3x2“ - in drei Jahren in die 2. Bundesliga – ist schon vor Start des selbigen (erfolgreich) erledigt. Ganz im Stil der Kickers: Auf der Überholspur von der Landesliga in die 2. Bundesliga.