Erzgebirge Aue: Schuster tritt kein leichtes Erbe an

Die Saison ist noch jung und doch durften die Fans der Veilchen schon einmal mit der Gefühlsachterbahn fahren. Noch euphorisiert vom besten Saisonstart seit 20 Jahren, überraschte die Nachricht der Entlassung von Cheftrainer Daniel Meyer das ganze Lößnitztal. Nach einer Woche, in der vor allem die Gerüchteküche brodelte und in der Interimscoach Marc Hensel einen Punkt gegen Absteiger und Aufstiegsanwärter Stuttgart holte, präsentierte der Verein mit Dirk Schuster einen neuen Übungsleiter.
Auer-Trainerkarussell kommt nicht zum Stehen
"Spieler und Trainer kommen und gehen, wir Fans bleiben…", so begann Stadionsprecher Mario Dörfler am vergangenen Freitag seine Ansprache an die Anhänger der Veilchen vor dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart. Mag der Wahrheitsgehalt dieser Aussage unbestreitbar sein, die Bedeutung sollte aber nicht zum Klatschen, sondern eher zum Nachdenken anregen. Präsident Helge Leonhardt stellte am Montag bereits seinen siebten Trainer seit seiner Amtsübernahme 2014 vor.
Dirk Schuster, der ausgewiesene Wunschkandidat Leonhardts, soll die Mannschaft von Daniel Meyer übernehmen und weiterentwickeln. Mit dieser Trainerwahl bricht der Verein mit der jahrelangen Ausrichtung auf der Trainerposition. Nach dem Abgang von Domenico Tedesco 2017 versuchte man den eingeschlagenen Weg Tedescos mit jungen hungrigen Trainern aus den Nachwuchszentren der großen Vereine weiterzugehen. Bei Thomas Letsch, Hannes Drews und nun auch Daniel Meyer hatte das keinen langfristigen Erfolg, wenngleich die beiden letztgenannten den Verein nicht aus sportlichen Gründen verließen.
Karten werden neu gemischt
Dirk Schuster, der als Spieler und Trainer bereits eine Erfahrung von über 500 Spielen im deutschen Profifußball vorweisen kann, soll nach Wunsch der Vereinsführung einen neuen Input liefern. In Darmstadt setzte Schuster auf eine starke Defensive und vor allem auf erfahrene und gefestigte Spieler. Ob er auch mit einer defensiv nicht ganz sattelfesten und vor allem jungen und talentierten Mannschaft arbeiten kann, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Im Kader der Veilchen befinden sich mit Florian Krüger, Tom Baumgart und Filip Kusic einige Rohdiamanten, die Meyer bewusst förderte und die sich vor allem im letzten halben Jahr stark entwickelt haben. Mit dem Trainerwechsel werden die Karten auch für diese Spieler neu gemischt. Die bisher eingefahrenen sieben Punkte in der Liga wirken wie ein gutes Polster, sind aber eher die Latte, an der sich Schuster messen muss.
Die Causa Meyer zeigt, dass sportlicher Erfolg allein im Erzgebirge nicht mehr reicht. Dirk Schuster muss einen schwierigen Spagat schaffen, intern braucht es Ruhe, doch auch bei der sportlichen Führung müssen gewisse Impulse von Seiten des Trainers durchgedrückt werden. Daniel Meyer forderte ein breiter aufgestelltes Trainerteam, davon profitiert nun sein Nachfolger, denn die bisherigen Assistenztrainer bleiben bei der Mannschaft. Eines ist sicher, es wird keine leichte Aufgabe für Schuster die sportlich aufsteigende Form zu halten und gleichzeitig eine reibungslose Weiterentwicklung einzuleiten. Nachdem der Verein in der aktuellen Dekade gleich neun Trainer verschliss oder abgeben musste, wurde nach der Entlassung von Daniel Meyer erneut der Ruf nach mehr Kontinuität auf der Position des Cheftrainers laut. Hier gab der Verein eine deutliche Antwort, Dirk Schuster unterschrieb einen Dreijahresvertrag, er soll das Trainerkarussell im Erzgebirge endlich zum Stehen bringen.
Erster Gradmesser Kiel
Viel Zeit zum Eingewöhnen hat das neue Trainerteam nicht, am Wochenende müssen die Veilchen zum Auswärtsspiel an die Kieler Förde. Die Überraschungsmannschaft der vergangenen zwei Jahre befindet sich nach einem erneuten Trainerwechsel und Verjüngungskur im Sommer noch in der Findungsphase und konnte aus den ersten vier Spielen nur vier Punkte holen. Kiel war für die Veilchen noch nie ein gutes Pflaster, in sechs Auswärtsspielen bei den Störchen entführten die Auer nur zwei magere Pünktchen. Für Dirk Schuster wäre bei seiner Premiere als Veilchentrainer ein Punkt an der Förde bereits ein erster kleiner Erfolg.