1. FC Magdeburg: Die Ära Härtel endet – eine richtige Entscheidung?

Seit Montagabend ist beim 1. FC Magdeburg nichts mehr, wie es vorher war. Der Mann, um den herum sich aus einem am Boden liegenden Regionalligisten ein selbstbewusster Zweitligist geformt hat, ist nicht mehr – Trainer Jens Härtel wurde als Reaktion auf die 2:3-Niederlage gegen Jahn Regensburg von seinen Aufgaben entbunden. Dafür lassen sich Gründe finden, die dafür, aber auch dagegen sprechen.
Den Erfolgstrainer geschasst
Mehr als 3.500 Reaktionen und mehr als 1.300 Kommentare trudelten binnen etwa zwölf Stunden auf der Facebook-Seite des 1. FC Magdeburg ein – selbst für einen Verein wie den FCM war das eine Hausnummer, es musste also etwas Außergewöhnliches geschehen sein. Und tatsächlich: Gerade hatten die Elbestädter das getan, wovor jeder im Umfeld großen Respekt, vielleicht sogar etwas Sorge oder gar Angst hatte: Sie haben Erfolgstrainer Jens Härtel und seinen Assistenten Ronny Thielemann geschasst.
Es ging ziemlich plötzlich, denn Härtel war noch gar nicht richtig in der Schusslinie, da war er auch schon erlegt. Der, der den FCM nicht nach vielen Jahren Tristesse aus der Regionalliga zurück auf die nationale Ebene beförderte, sondern auch noch drei Jahre lang die 3. Liga mit äußerst erfolgreichem Fußball „rockte“, muss seinen Hut nehmen und wird die Entwicklung des 1. FC Magdeburg künftig nur noch vom Sofa, von der Tribüne aus verfolgen können. Das ist für fast jeden Fan dieses nicht ganz normalen Vereins sicherlich nur schwer vorstellbar.
Sportliche Schwierigkeiten in der zweiten Liga
Es gibt einige Mechanismen im sportlichen Bereich, die zuletzt nicht mehr wie gewünscht funktioniert haben. Magdeburg ist als Vorletzter Teil eines Quartetts, das einen miserablen Saisonstart hinter sich hat – war aber bis gestern der einzige Verein, der dem gleichen Übungsleiter wie zu Saisonbeginn vertraute. Wie groß sein Anteil an den Startproblemen in der 2. Bundesliga ist, darüber kann erbittert gestritten werden. Klar ist, dass sich der FCM, hätte er nur die Hälfte der Spiele nach eigener Führung auch ins Ziel geschaukelt, im Mittelfeld statt auf einem Abstiegsplatz befinden würde. Klar ist auch, dass Anpassungsprobleme in der nächsthöheren Spielklasse einkalkuliert worden waren, nun aber der Ligaverbleib akut in Gefahr scheint.
Deutlich unterlegen war Magdeburg in der neuen Spielklasse unter Jens Härtel nicht, allerdings fehlte eine sichtbare Weiterentwicklung seit Saisonbeginn. Gerade in der Defensive erhielt zwar fast jeder Akteur, ob etabliert oder neu dabei, zwar seine Einsatzzeiten – es fehlte aber eine eingespielte Stammformation, auf dessen Suche Härtel bis zuletzt war. Das war in der 3. Liga angesichts des Erfolgs deutlich einfacher, nun aber drängen viele Neuverpflichtungen in den Kader, von denen nicht jeder zu überzeugen wusste, allerdings manche auch unzureichend eingebunden wurden. Mergim Berisha, Manfred Osei Kwadwo und Joel Abu Hanna warten noch immer auf ihren ersten echten Einsatz.
Zu früh – und zu plötzlich?
Manche schreiben vom richtigen Schritt zur richtigen Zeit. Das wird Sportchef Mario Kallnik, der als ausführendes Organ die undankbarste Rolle in der ganzen Geschichte einnimmt, gerne hören. Zumindest der Zeitpunkt ist nachvollziehbar. Er hat angesichts der zweiwöchigen Länderspielpause, die letzte in diesem Jahr, immerhin einige zusätzliche Tage Zeit, einen Nachfolger vorzustellen - schon am Mittwoch soll der Härtel-Nachfolger präsentiert werden. Vielleicht kam die Entlassung dennoch zu früh, und vor allem zu plötzlich. Man überlege: Jens Härtel holte den Verein aus der Versenkung, er war steter Ruhepol in einem lodernden, emotionalen Umfeld – und schaffte es so, dass Publikum und Mannschaft fast vier Jahre lang an einem Strang zogen und sich gegenseitig zu immer neuen Höchstleistungen pushten. Die Gretchenfrage: Sollte man ihm dafür einen Bonus gewähren, aber so möglicherweise die Chance auf den Klassenerhalt minimieren?
Kaum auszumalen ist aber, was passiert, wenn der Neue in den fünf verbleibenden Partien bis zur Winterpause nicht umgehend liefert. Dann hätte sich der FCM ein noch größeres Problem geschaffen.