Bilanz der Relegation: Spannung garantiert – Gerechtigkeit fraglich?

Deit der Wiedereinführung in 2009 liefert die Relegation regelmäßig Dramatik, Tränen und historische Momente – zur Freude der Fans, die diese nervenaufreibenden Duelle als emotionale Höhepunkte der Saison feiern. Doch hinter der aufgeheizten Atmosphäre steckt ein Format, das auch Kritik auf sich zieht. Denn was den einen Gänsehaut beschert, empfinden andere als sportlich fragwürdiges System mit ungleichen Voraussetzungen.
Erstligisten dominieren die Bundesliga-Relegation
In den vergangenen Jahren wurden insgesamt 16 Duelle ausgetragen, in denen sich 13 Mal der Erstligist durchsetzte – eine Erfolgsquote von rund 81 Prozent. Inklusive der älteren Relegationsjahre (von 1982 bis 1991) triumphierten die erstklassigen Teams in 20 von 26 Fällen. Besonders deutlich wurde dieser Klassenunterschied in den vergangenen Jahren: Jedes der fünf letzten Relegationsspiele ging nämlich an den Bundesliga-Absteiger.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache – wer aus der Bundesliga kommt, bringt in der Regel die besseren Voraussetzungen mit, um den Abstieg doch noch zu verhindern. Die Relegation erweist sich somit häufig als letzte Rettung für angeschlagene Erstligisten – und als fast unüberwindbare Hürde für ambitionierte Zweitligisten.
Kein Wunder also, dass die besten Wettanbieter für deutsche Spieler auch diesmal dem Erstligisten die besseren Chancen einräumen. Der 1. FC Heidenheim, der sich in seiner zweiten Bundesliga-Spielzeit knapp über Wasser zu halten versuchte, trifft in der Relegation auf den SV Elversberg – einen mutigen Aufsteiger, der mit offensivem Fußball überraschend Rang drei in der 2. Liga erreichte. Die Ausgangslage erinnert an viele vergangene Duelle, doch der Fußball hat seine eigenen Gesetze – und Elversberg hat in dieser Saison mehrfach gezeigt, dass sie auch vermeintlich überlegene Gegner unter Druck setzen können.
Mehr Drama, mehr Tore: Relegation zur 2. Bundesliga
Ganz anders als bei der Bundesliga-Relegation zeigt sich das Bild zwischen 2. Bundesliga und 3. Liga: In 12 der bislang 16 Relegationsduelle setzte sich der klassentiefere Drittligist durch – eine bemerkenswerte Quote. Besonders in den letzten Jahren wurde diese Tendenz deutlich: Viermal in Folge gelang es einem Drittligisten, den Sprung in die 2. Liga zu schaffen. Der letzte Zweitligist, dem es gelang, sich über die Relegation zu retten, war der 1. FC Nürnberg im Jahr 2020 – und das nur denkbar knapp durch ein Tor in letzter Minute.
Trotz klarer Bilanz waren die Spiele selten einseitig. Viele Partien verliefen offen, torreich und emotional: In 11 von 16 Relegationspaarungen fielen insgesamt mindestens vier Treffer – für die Fans war also regelmäßig Spektakel garantiert. Besonders 2011 (Dresden vs. Osnabrück) und 2014 (Darmstadt vs. Bielefeld) bleiben als Relegationsdramen mit Herzschlagfinale in Erinnerung. Auch in der laufenden Saison deutet sich ein enges Duell an: Saarbrücken kommt mit breiter Brust nach einer starken Rückrunde, während Braunschweig auf Zweitliga-Routine setzt. Die Voraussetzungen für zwei intensive Begegnungen sind gegeben.
Zwischen Drama und Dysbalance
So emotional und publikumswirksam die Relegation auch sein mag – aus sportlicher Sicht bleibt sie ein umstrittenes Format. Besonders in der Bundesliga-Relegation liegt eine strukturelle Ungleichheit vor: Der Erstligist bringt in der Regel höhere finanzielle Mittel, ein stabileres Umfeld und eine qualitativ besser besetzte Mannschaft mit. Die Zahlen belegen das deutlich: In 81 Prozent der Fälle seit 2009 setzte sich der Erstligist durch.
Für den Zweitligisten, der nach einer langen und erfolgreichen Saison nur knapp den direkten Aufstieg verpasst hat, bedeutet das eine zusätzliche Belastung – mit oft enttäuschendem Ausgang. Kritiker sprechen daher von einer Bevorzugung des „Platzhirschen“, dem ein Rettungsanker gewährt wird, der sportlich fragwürdig erscheint.
Anders sieht es zwischen 2. und 3. Liga aus, wo die Relegation auf dem Papier eher ein Duell auf Augenhöhe darstellt. Drittligisten, oft mit Aufbruchstimmung und breitem Rückenwind unterwegs, nutzen ihre Chance regelmäßig – zuletzt sogar viermal in Serie. Doch auch hier bleibt Kritik: Zwei Spiele entscheiden über sportliche und wirtschaftliche Existenzen, ungeachtet teilweise klarer Saisonverläufe. Vielleicht braucht es in Zukunft Reformen – damit Spannung und sportliche Fairness wieder im Einklang stehen.