Heidenheim sorgt für Frust und Ernüchterung beim Kiez-Klub

Lange musste man zittern, da die Kellerkinder fleißig punkteten. Mit dem 2:1 (0:0) Erfolg über den FC St. Pauli dürfte für den 1. FC Heidenheim der Klassenerhalt fix sein. 38 Punkte stehen auf der Habenseite und somit hat man vier Spieltage vor dem Ende der ersten Zweitligasaison zehn Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze. Doch den 15.000 Fans, was einen neuen Zuschauerrekord bedeutete, wurde einiges an Geduld abverlangt. Erst nach über einer Stunde brachte Robert Leipertz seine Farben in Front. Kapitän Marc Schnatterer sorgte vom Punkt für die Vorentscheidung. Der Anschlusstreffer durch Christopher Nöthe kam für die Gäste zu spät.
Anderes Personal, gleiches Bild
In Darmstadt überraschte FCH-Coach Frank Schmidt alle. Er ließ mit Schnatterer, Marcel Titsch-Rivero und Florian Niederlechner gleich drei Stammspieler auf der Bank. Gegen Pauli durften alle drei wieder von Beginn an mitmischen. Aber große Unterschiede zum Auftreten in Darmstadt sah man anfangs nicht. Die Abstände zu den Gegnern waren viel zu groß. So war man stets zwei bis drei Schritte zu langsam. Pauli zeigte, dass es für sie um den Klassenerhalt geht. Sie waren aggressiv in den Zweikämpfen und kombinierten teils sehr gefällig nach vorne. „Unerklärlich“ nannte es Schmidt, was er in der ersten Halbzeit zu sehen bekam. Auch die Verteidiger Mathias Wittek und Robert Strauß sprachen von einer „schlechten Partie“. Nach vorne ging nur herzlich wenig. Es fehlte an Tempo und an den zündeten Ideen, um die Gästeabwehr auch nur in Ansätzen in Verlegenheit zu bringen. Dass man dann mit einem 0:0 in die Kabinen geht ist Jan Zimmermann zu verdanken. Der Keeper hielt mit seinen Paraden sein Team in der Partie.
Wetter wird schlechter, Spiel besser
Nicht nur Schmidt dürfte seinen Spielern in der Kabine den Kopf gewaschen haben. Während der Halbzeit fing es ordentlich an zu regnen und die Spieler erhielten auch draußen auf dem Spielfeld eine Erfrischung. Gefährlich wurde es aber erst einmal abseits des Spielfeldes. Ein Ball rollte ins Seitenaus. Pauli-Coach Ewald Lienen wollte den Ball stoppen, verlor auf dem glitschigen Untergrund aber den Halt und brach sich den Arm. Und auf dem Platz? Da wurde es richtig spannend und interessant. Jan Philipp Kalla hatte die Führung auf dem Fuß, aber wieder war Zimmermann zur Stelle und parierte stark (48.). Völlig zu Recht lobte Schmidt seinen Schützling auf der Pressekonferenz und benannte ihn zum „besten Spieler des Tages“. Und auch offensiv kam nun etwas mehr von den Hausherren, die mit Tim Göhlert und Andreas Voglsammer zwei frische Kräfte brachten. Besonders schön anzusehen war es weiterhin nicht, aber schon die Körpersprache war nun eine völlig andere. Das Tor durch Leipertz kam dann aber auch eher überraschend. Beim Diagonalpass von Schnatterer übersah die gesamte Pauli-Defensive gleich zwei Heidenheimer Spieler im Strafraum. Niederlechner brachte den Ball volley in die Mitte, wo Leipertz dann keine Mühe mehr hatte (62.). Auf der Pressekonferenz verriet Schmidt dann noch ein Geheimnis, welches ihm Leipertz mitgeteilt hatte. „Er hat mir gesagt, dass er bei Schalke II alle Tore so geschossen hat. Das wusste ich bisher noch nicht, aber wenn er es weiterhin so macht, muss ich es akzeptieren“, so Schmidt. In der 81. Minute sorgte Schnatterer dann für die Entscheidung. Seinen Elfmeter schob er locker ins Eck, zuvor wurde Leipertz im Strafraum zu Fall gebracht. Nöthe sorgte dann letztendlich nur für etwas Ergebniskosmetik (90. + 3). Denn umgehend nach dem Wiederanpfiff war Schluss.
„Wir haben nichts zu verschenken“
Schmidt wünschte Lienen und dessen Team für die restlichen Spiele noch alles Gute. Und man merkte ihm an, dass das nicht nur eine leere Floskel war. Ob es daran liegt, dass Pauli als Kult-Klub einfach nicht in die dritte Liga gehört, oder einfach an der Tatsache, dass man die maximale Punktzahl aus den Spielen gegen Pauli erreicht hat, wurde dabei nicht verraten. Jedoch stellte Schmidt auch unmissverständlich klar, dass man in den restlichen Spielen „nichts zu verschenken hat“. Denn im spannenden Abstiegskampf könnten die Heidenheimer noch eine entscheidende Rolle spielen. Am nächsten Sonntag ist man in Sandhausen zu Gast. Dann folgen die letzten drei Spiele gegen Mannschaften, die wohl allesamt bis zum letzten Spieltag noch zittern müssen. Greuther Fürth, Aalen und Aue heißen die Gegner zum Abschluss der Runde. Wenn Schmidt wirklich möchte, dass die Kiez-Kicker in der Liga bleiben, so kann er mit Siegen gegen die verbleibenden Teams dem FC St. Pauli etwas unter die Arme greifen. Für das Punktekonto der Hamburger sind sie aber noch selbst verantwortlich. Gegen Leipzig bietet sich die nächste Chance, um das Punktekonto etwas aufzustocken und das Abstiegsgespenst so weit wie möglich von sich fern zu halten. Dieses dürften die Heidenheimer endgültig vom Schlossberg verjagt haben, auch wenn rein rechnerisch der Klassenerhalt noch nicht in trockenen Tüchern ist.
FOTO: FU Sportfotografie