Heidenheim: Vom Geheimfavorit bis zum Abstiegskandidat ist alles möglich
Am Freitag, den 05. August startet die zweite Bundesliga in die neue Saison. Bevor es jedoch soweit ist, wirft liga2-online.de einen Blick auf die Teams und gibt einen Eindruck über die Vorbereitung und die Ziele des Vereins. Heute im Check: Der 1. FC Heidenheim 1846.
Vorbereitungsspiele nur mittelmäßig
Am 15. Juni startete der FCH in die Vorbereitung auf die neue Saison. Während man in den ersten Wochen den Fokus auf die Ausdauer lag, wurden die ersten Testspiele gegen unterklassige Gegner aus der Region absolviert. Der erste ernsthaftete Testspielgegner war der russische Erstligist FK Rostov. Im Trainingslager in Österreich bestanden die Schwaben, die nun in ihre dritte Zweitligasaison gehen, den ersten Prüfstein und bezwangen Rostov mit 1:0. Gegen den Europa-League-Qualifikanten FK Mlada Boleslav unterlag der FCH mit 1:3 und auch der letzte Test gegen Istanbul Basaksehir wurde mit 0:1 verloren. Beim alljährlichen Saisonauftakt um den Max-Liebhaber-Pokal in der Heidenheimer Voith-Arena empfingen die Heidenheimer bei der vierten Auflage den Regionalligisten aus Offenbach. Trotz Führung endete das Spiel 1:1, im direkt anschließenden Elfmeterschießen zogen die Hausherren dann auch noch den Kürzeren. Und schon die 90 Minuten zuvor ließen das Fanherz nicht schneller schlagen. Auch Cheftrainer Frank Schmidt sprach von einem „Schuss vor den Bug“, gut eine Woche vor Saisonbeginn. Dort muss der FCH ein anderes Gesicht an den Tag legen, um gegen den euphorisierten Aufsteiger aus Aue einen Sieg einzufahren.
Geliehen, jung und hungrig ist Trend
Für die Torhüterposition wurden gleich zwei neue Spieler verpflichtet. Oliver Schnitzler und Leon Jankowski fungieren als Torhüter Nummer zwei und drei. Beide sind als Back-up für Kevin Müller eingeplant, der nach dem Abgang von Stammtorhüter Jan Zimmermann (TSV 1860 München) als Nummer eins gesetzt sein wird. In der Abwehrkette wurde der 19-Jährige Robin Becker für ein Jahr von Bayer Leverkusen ausgeliehen. Er soll nach unzähligen Verletzungen wieder Spielpraxis sammeln und bei einer verletzungsfreien Saison kann sich Becker zur Stammkraft als Rechtsverteidiger etablieren, oder auch als Ersatz für den starken Arne Feick zum Einsatz kommen. Zudem wurde mit Ibrahim Hajtic ein Innenverteidiger aus der eigenen Jugend zu den Profis beordert. Im Mittelfeld hat man sich in der österreichischen Liga umgesehen. Für die zentrale Position wurde Martin Rasner verpflichtet. Dieser kam von SV Grödig und kann mit seinen technischen Fähigkeiten neuen Glanz und mehr Flexibilität in das Heidenheimer Offensivspiel bringen. Zuletzt musste Rasner aber wegen muskulärer Probleme pausieren. Für die Außenbahn hat man David Atanga von Red Bull Salzburg ausgeliehen. Der 19-jährige Flügelflitzer besticht durch seine Schnelligkeit. Er muss sich wohl in der Anfangsphase auf das sehr körperbetonte Spiel in der zweiten Liga einstellen, aber kann für das Team eine erhebliche Verstärkung darstellen. Auch im vordersten Drittel gab es zwei neue für den FCH. Dort ist bereits seit Anfang des Jahres die Verpflichtung von John Verhoek bekannt. Dieser kam ablösefrei aus St. Pauli und ist mit seinen 27 Jahren, der mit Abstand erfahrenste Spieler den die Heidenheimer neu im Team begrüßen durften. Zudem gesellte sich noch Tim Kleindienst vom SC Freiburg, der für eine Spielzeit ausgeliehen wurde. Dieser stand als einziger Neuzugang auch in der Startelf bei der Generalprobe gegen die Kickers Offenbach und hat wohl gute Chancen auf einen Platz in der ersten Elf gegen Erzgebirge Aue.
Mögliche Startelf zu Saisonbeginn
Schmidt deutete in der Vorbereitung bereits an, dass er im taktischen Bereich flexibler agieren möchte. Darum wurde in der Vorbereitung auch verstärkt ein 3-5-2 oder auch 3-4-3 gespielt. Vor Kevin Müller spielten Kevin Kraus, Mathias Wittek und Timo Beermann. Über die Außen kamen Arne Feick und Robert Strauß. Im zentralen Mittelfeld werden wohl Sebastian Griesbeck und Marcel Titsch-Rivero auflaufen. Dann wird Kapitän Marc Schnatterer entweder hinter den beiden Spitzen agieren, oder leicht versetzt auf einer der beiden Außenbahnen, sodass sich auch im offensiv Drittel eine Dreierkette bildet und dem Gegner kaum Zeit für einen geordneten Spielaufbau geben möchte. Welche Spieler zuerst im Sturm beginnen dürfen, ist noch offen. Gegen Offenbach begannen Denis Thomalla und Kleindienst. Dieses Duo scheint auch am realistischsten für den Saisonauftakt, sodass sich Verhoek und Bard Finne erst einmal hinten anstellen müssen.
Wahrscheinlicher ist aber das gewohnte 4-4-2 System. Die Viererkette mit Feick, Kraus, Wittek/Beermann und Strauß dürfte sicher feststehen. Auch Griesbeck und Titsch-Rivero sollten ihren Stammplatz haben, genau wie Schnatterer über die Außen. Dort wäre es dann aber durchaus denkbar, dass dann Ben Halloran, oder der junge Atanga zum Zuge kommt. Das Sturmduo mit Kleindienst und Thomalla dürfte auch mit dieser taktischen Ausrichtung bestehen bleiben.
Kapitän geht voraus und wird entlastet
Der sportliche Erfolg wird wieder viel vom treusten Heidenheimer abhängen. Schnatterer ist das Herzstück der Mannschaft und kann Spiele oftmals mit nur einer Aktion in eine komplett andere Richtung lenken. Jedoch merkte man dem Kapitän die Müdigkeit zum Ende der letzten Saison an. Mit Atanga und Rasner hat man auch Spieler verpflichtet, die ebenfalls ein Spiel entscheiden können. Nicht in der Häufigkeit, wie es ein Schnatterer kann, aber um diesem einfach während der Saison öfters mal eine Verschnaufpause geben zu können.
Eingespielt und motiviert
Der große Stamm des Heidenheimer Teams ist erhalten geblieben. Es ist davon auszugehen, dass während der ersten Spiele vielleicht ein oder zwei Neuzugänge in der Startelf stehen werden. Der Rest des Teams spielt zum Teil seit vielen Jahren zusammen. Dies kann ein entscheidender Vorteil zum Saisonauftakt sein. Dort wird es für den FCH wichtig sein, gut zu starten. Ein weitere Stärke ist die Mentalität der Spirler und des Vereins. Auch wenn im Spiel überhaupt nichts zusammenlaufen will, die Mannschaft fightet stets bis zur 90. Minute und darüber hinaus und gibt kein Spiel vorzeitig verloren. Eine Eigenschaft, die Geschäftsführer Holger Sanwald und Trainer Schmidt vorleben und dies deshalb auch von den Spielern erwarten.
Mehr Spielwitz und Ideen in der Offensive?
In der abgelaufenen Spielzeit war besonders das Offensivspiel des FCH zum Teil verheerend. Flüssige, flache und schnelle Kombinationen nach vorne waren so gut wie nie zu sehen, es sein denn man überraschte den Gegner mit einem schnellen Umschaltspiel, nachdem man Fehler des Gegners im Aufbauspiel provozierte. Müssen die Heidenheimer das Spiel selbst in die Hand nehmen, fehlt ihnen oftmals die zündete Idee, ein überraschender Moment, oder einfach mal der Mut, den Gegner mit einem Doppelpass und auch mit einer Einzelaktion stehen zu lassen. Durch die taktischen Veränderungen soll genau dieses Problem behoben werden, damit sich die gegnerischen Teams nicht auf die eindimensionale Spielweise der Heidenheimer vorbereiten können.
Der FCH vor einer schweren und ungewissen Saison
Von den Namen her ist die zweite Bundesliga wohl so gut besetzt wie noch nie. Für die Heidenheimer wird viel davon abhängen, wie sie in die neue Saison starten, denn mit einem erfolgreichen Start fällt es auch leichter die Neuzugänge besser in das Team zu integrieren. Bei diesen bleibt abzuwarten, ob sie mit ihrer Qualität dem Team kurzfristig helfen können, da drei Neuzugänge auch nur ausgeliehen sind, bleibt ihnen keiner weitere Zeit, um sich allmählich zu akklimatisieren, sie müssen sofort funktionieren. Mit Müller im Tor konnte der Abgang Zimmermanns gut kompensiert werden. In der Offensive wiegt der Weggang von Robert Leipertz nach zwei sehr erfolgreichen Spielzeiten sehr schwer. Leipertz war sowohl Toptorschütze als auch Topvorbereiter seines Teams. Nun gilt es, dass dieser große Verlust für die Heidenheimer, auf möglichst viele Schultern verteilt wird. Gelingt dies, dann wird der FCH auch in dieser Saison keine Abstiegsängste haben und sich wohl wieder im gesicherten Mittelfeld der Tabelle wiederfinden. Eine Garantie ist dies jedoch nicht. Es kann sehr schnell gehen, dass die Heidenheimer bei einem verkorksten Saisonstart unten reinrutschen und dann wird es für jedes Team schwer von dort wieder herauszukommen.