Heidenheim beendet Saison auf Rang elf und verliert 30 Jahre Vereinstreue

Selten war ein Ergebnis so zweitranging, wie am letzten Spieltag der diesjährigen Saison zwischen dem 1. FC Heidenheim und dem VfL Bochum. Obwohl nach 90 Minuten die Heidenheimer mit 2:4 (0:1) unterlagen, hatten am Ende beide Mannschaften und Fanlager etwas zu feiern. Die Bochumer jubelten über den Auswärtserfolg und dem abschließenden Verbleib auf Tabellenplatz fünf. Und zugleich auch Simon Terodde, der mit einem Dreierpack nicht nur sein Team auf die Siegesstraße führte, sondern auch zugleich sich mit 25 Treffern die Torjägerkanone sichern konnte. Auf der anderen Seite waren die Heidenheimer, die die Mannschaft für eine sehr gute Saison, mit dem frühzeitig erreichten Klassenerhalt, feierten. Dazu wurden mit Tim Göhlert, Maurizio Scioscia und Zeugwart Alfred Gawenda drei Personen verabschiedet, die dem Verein zusammen 30 Jahre lang die Treue gehalten haben. Dabei sorgte bereits die Verabschiedung von Tim Göhlert während der Partie für einen Gänsehautmoment, den im Heidenheimer Fußball so schnell keiner vergessen wird.

Terodde schlägt früh zu, Heidenheim ohne Durchsclagskraft

Das Spiel hatte noch nicht einmal richtig begonnen, als Terodde den Heidenheimern einen Dämpfer verpasste. Nach 50 Sekunden schaltete Terodde nach einem Pass in die Schnittstelle schneller als sein Gegenspieler und überwand mit seinem Schuss im Fallen Kevin Müller. Ein Start nach Maß für die Gäste. Doch die Hausherren zeigten sich wenig beeindruckt und hatten optisch ein klares Übergewicht. Gefährlich aber wurde es meist aber nur in der Heidenheimer Hälfte. Mit schnellen Umschaltaktionen und einem präzisen und harten Passspiel kombinierte sich der VfL sehr ansehnlich bis an den gegnerischen Strafraum. Erst scheiterte Michael Maria mit einem Schlenzer an Müller (11.) und kurz darauf zielte Marco Terrazzino nicht genau genug und legte den Ball aus guter Position am Pfosten vorbei (15.). Aus dem Spiel heraus lief bei den Hausherren nicht viel zusammen, besonders Neuzugang Bard Finne merkte man an, dass er noch nicht so richtig in Heidenheim angekommen ist. Dass die Heidenheimer nur mit einem Tor Rückstand in die Kabinen gingen, war auch dem Bochumer Felix Bastians zu verdanken. Nach einem Eckball stand Bastians am langen Pfosten, war aber dann doch zu überrascht und bugsierte den Ball mit seinem Knie aus nicht einmal einem Meter Entfernung an die Unterkante der Latte. Den herausspringenden Ball konnte Timo Beermann gedankenschnell klären und bereinigte damit die brenzlige Situation.

Teroddes Torshow und Göhlerts Choreo

Die Halbzeitpause wurde bei den Teams zur Regeneration genutzt, zeitgleich bereiteten die Fans der Heidenheimer Osttribüne die Choreo für ihren langjährigen Spieler vor. Zu sehen war Göhlert in Jubelpose mit dem Spruchband „Danke, Tim“ und seiner Rückennummer, die 16. Alles hinterlegt von einem rot-blauen Fahnenmeer. Die Choreo konnte noch einige Minuten nach Wiederanpfiff betrachtet werden und wurde begleitet von Göhlert Sprechchören. So konnten einige Fans den zweiten Treffer der Bochumer gar nicht sehen. Terrazzino spielte Doppelpass mit Terodde und traf zum 0:2 (55.). Nur wenige Zeigerumdrehungen später legte Terodde höchstpersönlich selbst nach. Müller brachte Marcel Titsch-Rivero mit einem Pass in Schwierigkeiten. Dessen Pass wurde dann abgefangen und Terodde gelang aus 17 Metern der dritte Treffer des Tages. Und es kam noch dicker, für die Heidenheimer. Müller ging gegen Terodde etwas zu ungestüm zu Werke und brachte diesen im Strafraum zu Fall. Terodde nahm sich der Sache an und verwandelte sicher vom Punkt (68.). Trotz des 0:4 Rückstandes ebbte die Stimmung auf den Rängen nicht ab. Die weiter aufopferungsvoll kämpfenden Heidenheimer spielten weiter gut mit und wurden dann für ihr Bemühen belohnt. Smail Morabit fing einen verunglückten Pass von Manuel Riemann ab und traf zum 1:4 (78.). Fünf Minuten vor Schluss erhob sich das ganze Stadion von den Sitzen und sorgte für einen würdigen Rahmen, als Göhlert eingewechselt wurde und die Kapitänsbinde von Marc Schnatterer übernahm. Ein Tor war Göhlert nicht vergönnt, doch er hatte einen Exklusivplatz, als nach einem Eckball wieder Morabit an den Ball kam und mit dem Schlusspfiff den 2:4 Endstand erzielen konnte.

Arztpraxis statt Fußballplatz

Nach Spielschluss wurde das gesamte Team, samt Trainer Frank Schmidt, auf den Zaun gebeten. Dort wurde dem nun als Doktor arbeitenden Göhlert ein Arztkittel mit seinem Namen und seiner Rückennummer von den Fans überreicht. Auf dem anschließenden Fanfest direkt vor dem Stadion wurden dann Göhlert, Scioscia und Gawenda verabschiedet. Göhlert trug seit elf Jahren das Heidenheimer Trikot und machte den gesamten Aufstieg des Klubs von der Oberliga, bis hin zur zweiten Liga mit. Er war zudem der erste Torschütze des FCH in der dritten Liga. Beim 2:2 gegen den Wuppertaler SV trug sich Göhlert mit seinem Treffer in die Heidenheimer Geschichtsbücher ein. Auf der Bühne verabschiedete sich Göhlert mit leicht zerbrechlicher Stimme von den zahlreichen Fans. Auch Scioscia gehörte seit der U17 zum Heidenheimer Kader und kam in den acht Jahren Vereinszugehörigkeit vereinzelt zu einigen Einsätzen. Zudem ging mit Gawenda eine weitere Identifikationsfigur in Rente. Auch er gehörte wie Göhlert seit elf Jahren dem Verein an und war daher bei den Fans sehr beliebt. Damit verlassen den Verein zum Saisonende drei Personen, die eine Vereinstreue vorgelebt haben, wie sie im deutschen Profifußball nur noch sehr selten zu sehen gibt.

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