Hinrunden-Fazit 1. FC Heidenheim: Erwartungen weit übertroffen
Die Hälfte der Saison 2016/2017 ist gespielt. Grund genug, um ein erstes aussagekräftiges Fazit zu ziehen. Dieses sieht für den 1. FC Heidenheim überaus positiv aus. 29 Punkte und ein Torverhältnis von 25:14 sprechen eine eindeutige Sprache. Im Folgenden schaut sich liga2-online.de die bisherige Saison des 1. FC Heidenheim genauer an.
Defensive Kompaktheit als Fundament
14 Gegentore in 17 Ligaspielen bedeuten die stärkste Abwehr der Liga. Kein anderes Team hat weniger Gegentore gefangen als die Heidenheimer. Obwohl im Sommer der etatmäßige Stammtorhüter Jan Zimmermann den Verein verlassen hat und sein Glück nun in der bayrischen Landeshauptstadt bei 1860 München sucht, konnte dieses Loch durch Kevin Müller lückenlos gefüllt werden. Müller überzeugt durch seine sehr präsente Ausstrahlung und seinen starken Reflexen auf der Linie. Durch zahlreiche Paraden sicherte er so seinem Team schon oftmals den einen oder anderen Punkt. Seine starke Persönlichkeit gibt auch dem Abwehrverbund vor ihm große Sicherheit. Besonders die Viererkette wurde auf Grund von Verletzungen stets durcheinander gewirbelt. Arne Feick, Mathias Wittek, Kevin Kraus und Robert Strauß sind für gewöhnlich gesetzt. Kevin Kraus fällt seit Anfang Oktober auf Grund eines Kreuzbandriss bis zum Saisonende aus. Zwei Wochen nach der Verletzung von Kraus, mussten auch Timo Beermann und Wittek passen. So lautete die Viererkette im Heimspiel gegen Dynamo Dresden wie folgt: Feick, Norman Theuerkauf, Strauß, Ronny Philp. Trotz dieser sehr ungewöhnlichen Aufstellung konnte der eigene Kasten sauber gehalten werden. Ein Beleg dafür, dass mit Müller ein starker Hinterhalt zwischen den Pfosten steht und das gesamte Team auch auf mehrere Ausfälle gut vorbereitet ist und die ohne Qualitätsverlust kompensieren kann.
Auswärts geriet der Motor ins stocken
Um zu sehen, dass noch nicht alles so läuft wie gewünscht, dafür reicht ein Blick auf die Auswärtstabelle. Zwar startete der FCH auch hier äußerst stark mit zwei Siegen und zwei Remis - darunter auch der prestigeträchtige 2:1-Erfolg beim ersten Punktspiel gegen den VfB Stuttgart. Doch zuletzt waren die Schwaben immer ein gern gesehener Gegner auf fremden Platz. In Bochum, Bielefeld und Hannover ging man als Verlieren vom Feld. Einen kleinen Lichtblick gab es beim letzten Auswärtsauftritt des Jahres, beim TSV 1860 München, bei dem am Ende ein 1:1 auf der Ergebnistafel stand. Was mehr Fragen aufwirft als das reine Endergebnis, ist oftmals das schwächere Auftreten des Teams. In Bochum war nur eine Halbzeit gut, in Bielefeld nur die ersten 30 Minuten und in München gelang den Schwaben so gut wie nichts. Nur beim Bundesliga-Aufsteiger aus Hannover stimmte die Leistung. Dort reichte es aber trotz zweimaliger Führung nicht für einen Punktgewinn und man musste die Stärke des Gegners neidlos anerkennen. Die Gründe dafür sind nur schwer auszumachen. Für die Niederlagen sind oft auch nur individuelle Fehler verantwortlich, so wie es in Bielefeld der Fall war, als dem Gegner beide Treffer auf dem Silbertablett serviert wurden. Da dann auch die Offensivabteilung nicht an die Normalform herankam und offensive Aktionen, oftmals ideenlos und stumpf wirkten, musste man sich dem Konkurrenten geschlagen geben.
Ein wahrer Glücksgriff
Ein wichtiger Bestandteil für das funktionierende Offensivspiel des FCH ist Neuzugang Tim Kleindienst. Ausgeliehen vom SC Freiburg und mit einigen Anlaufproblemen gestartet, entwickelte sich Kleindienst zu einer unverzichtbaren Stütze im Team. Trotz seiner Körpergröße besticht er durch Schnelligkeit und ein großes Laufpensum. Er kann lange Bälle fest machen und diese auf seine Mitspieler verteilen. Dank seiner Körpergröße sorgt er im Strafraum immer wieder für gefährliche Situationen beim Gegner. Er konnte sich aber auch bereits durch einige Distanzschüsse in die Torschützenliste eintragen. Mitte der Hinrunde fiel Kleindienst für acht Wochen aus. In dieser Zeit merkte man bereits erste Schwächen im Angriffsdrittel. Mit Kleindienst fehlte der Hauptabnehmer für hohe Bälle, auch das Pressing und die damit verbundenden, schnellen Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte gelangen nicht so gut, wie wenn Kleindienst auf dem Platz stand. Er ist auch der einzige Neuzugang, der bisher richtig auf sich aufmerksam machen konnte. Das komplette Gegenteil zu Kleindienst ist David Atanga. Ausgeliehen von RB Salzburg, machte der gebürtige Ghanaer bereits in der Vorbereitung auf sich aufmerksam und man konnte sein Potential erahnen. Als der Ligabetrieb losging, konnte Atanga an diese Leistungen nicht mehr anknüpfen. Nach einigen Wochen stand er dann nicht mehr einmal im erweiterten Kader und so wurde die einjährige Leihe bereits nach nur einem halben Jahr wieder aufgelöst.
Erfolgsrezept mit langer Anlaufzeit
Der 1. FC Heidenheim überrascht nicht nur viele Experten. Vor der Saison wurde dem Team eine schwere Spielzeit prognostiziert, da nicht nur Zimmermann als Stütze wegfiel, sondern mit Robert Leipertz auch der Topscorer der vergangenen Spielzeit den Verein verlassen hat. Das große Plus des Teams ist das seit Jahren vorhandene Grundgerüst des Kaders. Im Kern spielt die Mannschaft über Jahre zusammen. Keine andere Mannschaft der Liga kann auf ein so eingespieltes Team zurückgreifen, wie Cheftrainer Frank Schmidt es kann. Dieser lebt mit seinem Ehrgeiz und Vorstellungen genau das vor, was er von seinen Spielern erwartet. Ein unbändiger Wille und leidenschaftlicher Einsatz gleicht so manche spielerische Lücke aus. Dies wird durch die knappen Niederlagen unterstrichen, die am Ende nie höher als mit einem Tor Differenz ausgefallen sind. Im Gegensatz dazu stehen insgesamt fünf Siege mit mindestens zwei Toren Unterschied.
Alle möglichen Szenarien werden betrachtet
Auf der letztjährigen Mitgliederversammlung wurde ganz offen über die Ziele und die Aufgaben des Vereins geredet. Die Verantwortlichen planen stets alle möglichen Szenarien durch, vom Abstieg bis hin zum Aufstieg in die Bundesliga. Der Aufstieg ist auch das offen kommunizierte Ziel des Vereins, welches aber langfristig ausgelegt wurde und keineswegs bereits in dieser Saison als absolutes Muss gilt. Doch beim Betrachten des bisherigen Saisonverlaufs muss sich der 1.FCH darauf einstellen, bis zum Ende im Aufstiegsrennen dabei zu sein. Eine stabile Defensive und eine bemerkenswerte Mentalität sind ausschlaggebend für das bisherige Abschneiden. Werden die eigenen Stärken auch zur Rückrunde ausgespielt und gelingt es dann noch in den Auswärtsspielen stabiler aufzutreten, dann sollte für die Heidenheimer zumindest eine Platzierung unter den ersten sechs der Tabelle garantiert sein.