Kommentar: Letsch übernimmt in Aue schweres Erbe

Eine Woche nach dem Abgang von Domenico Tedesco zum FC Schalke 04 haben die Veilchen einen Tag vor Trainingsauftakt ihren neuen Übungsleiter vorgestellt. Der 48-jährige Thomas Letsch kommt vom FC Liefering aus Österreich zu den Sachsen und erhält einen Vertrag nur für die 2. Liga bis 2020. Doch kann Letsch in die Fußstapfen seines Vorgängers treten und vor allem länger im Erzgebirge bleiben? Ein Kommentar.

Schalke reichen 93 Tage für Tedesco

Drei Monate brauchte Domenico Tedesco, um den FC Erzgebirge völlig umzukrempeln. Übernommen hat er die Mannschaft auf Platz 18, abgeschlagen und demotiviert, am Ende stand der souveräne Klassenerhalt, den Aue nur noch die Wenigsten zugetraut hätte. Jung, talentiert, akribisch und vor allem erfolgreich, die Veilchen und ihre Anhänger setzten große Hoffnungen in den Deutsch-Italiener. Doch in der Bundesliga hatte man schon ein Auge auf den neuen Nagelsmann geworfen und so nutzte Schalke 04 die Ausstiegsklausel in Tedescos Vertrag, um den 31-Jährigen in den Ruhrpott zu lotsen. Mit 1,86 Punkten pro Spiel und dem kleinen Fußballwunder Klassenerhalt hinterlässt Tedesco ein schweres Erbe, so kurz und erfolgreich war noch kein Trainer in Aue!

Neuer Trainer setzt auf Mentalität

Doch was bleibt sportlich nach einem Quartal unter Tedesco? Nicht viel, die Schlüsselspieler Steve Breitkreuz und vor allem Louis Samson haben den FC Erzgebirge bereits Richtung Braunschweig verlassen. Aue braucht keinen zweiten Tedesco, keinen Trainer der die Arbeit eines anderen weiterführt.  Und wen zauberte Präsident Helge Leonhardt da wieder aus dem Hut? Thomas Letsch, langjähriger Trainer und Sportlicher Leiter im RedBull Kosmos, keiner hatte den Schwaben im Erzgebirge auf dem Papier. Im Sommer wurde Letsch schon als Cheftrainer der Meistermannschaft von RB Salzburg gehandelt, wahrscheinlich war er nur aufgrund seiner Nichtnominierung für Aue zu bekommen. Ein No-Name im deutschen Profifußball, doch in Österreich holte er zwei Meisterschaften mit der U16 und U18 der Salzburger und leitete zwei Jahre erfolgreich das Farmteam der Bullen in Liefering. Letsch muss seinen eigenen Weg finden, seine eigene Philosophie umsetzen und zeigen, dass er auch ohne die vielen Möglichkeiten des RedBull Konzerns in Aue erfolgreichen Fußball spielen lassen kann. In erster Linie muss die Innenverteidigung runderneuert werden, auch auf anderen Positionen dürfte Handlungsbedarf herrschen. Um sein Spielkonzept und die von ihm geforderte Mentalität in die Mannschaft zu integrieren hat der 48-Jährige die ganze Vorbereitung Zeit. Ihm zur Seite steht das Trainerteam welches auch seine Vorgänger hatten, Co-Trainer Robin Lenk, Torwarttrainer Max Urwantschsky und Fitnesscoach Werner Schoupa folgen Tedesco nicht nach Gelsenkirchen.

Aue braucht kein Spektakel, sondern Kontinuität

Seit der Ära von Gerd Schädlich suchen die Veilchen nach einer Dauerlösung auf der Trainerposition, doch in den letzten zehn Jahren hatte Aue ganze acht Trainer. Nur Rico Schmitt schaffte es mehr als zwei Spielzeiten auf seinen Stuhl zu sitzen. Auch bei Domenico Tedesco war nach seinen schnellen Erfolgen klar, dass das Erzgebirge für ihn nur eine kurze Zwischenstation auf dem Weg in die Bundesliga sein wird. In Aue braucht man jedoch endlich Planungssicherheit, Kontinuität und eine langfristige Ausrichtung, was angesichts des ständigen Abstiegskampf in der 2. Liga leichter gesagt als getan ist. Existenzkampf kannte Letsch in Salzburg natürlich nicht, jedoch weiß er wie man einen Verein strategisch ausrichtet, wie man Jugendspieler fördert und vor allem wie man langfristig erfolgreich Fußball spielt. In Aue wird Letsch freie Hand haben, er wird den Kader trainieren und zusammenstellen, er wird das ganze sportliche Geschehen im Verein vorgeben und natürlich auch das Risiko tragen. Mag der FC Erzgebirge als Arbeiter- und Bergwerksverein auch keinerlei Parallelen zum RedBull Kosmos haben und eine gänzlich andere Philosophie leben, könnte ein Trainer aus Salzburg wie Letsch den Verein aus dem Erzgebirge entscheidend mit nach vorne bringen.

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