Lauterns Wunderlich: "Für mich brach dann eine Welt zusammen"

Mit seinen 36 Jahren hat Mike Wunderlich schon viel erlebt und kann auf eine bewegte Karriere zurückblicken. Im Interview mit der "SportBild" sprach der Mittelfeldspieler über den geplatzten Traum von der Bundesliga, den Neu-Anfang im Amateurfußball, seine Burn-Out-Erkrankung sowie Beleidigungen auf dem Spielfeld und den Aufstieg mit dem FCK. 

Leverkusen-Angebot abgelehnt

Es war das Jahr 2010. Mike Wunderlich war von Rot-Weiss Essen zum FSV Frankfurt in die 2. Bundesliga gewechselt. "Überragend" sei es für ihn und seine Teamkollegen gelaufen, berichtete Wunderlich mit Blick zurück. "Vielleicht sogar zu gut." Die Hessen waren oben in der Tabelle dabei, der gebürtige Kölner wusste zu überzeugen und war einer der herausragenden Spieler der Liga. Es dauerte dementsprechend nicht lange, bis sich Erstligisten bei ihm meldeten. "Mein großer Traum war plötzlich zum Greifen nah, aber der FSV ließ mich nicht gehen, und irgendwie brach dann in mir eine Welt zusammen", sagte der Rechtsfuß. Es war eine mental überfordende Zeit. Die Lust am Fußball war weg. "Ich konnte mich plötzlich nicht mehr motivieren, zum Training zu kommen."

Doch sein Vater erkannte die Zeichen der Zeit, holte ihn zurück nach Köln und brachte ihn zu einem Psychologen. "Es war von allem sicherlich etwas: Burn-Out, Depressionen, Erschöpfung." Statt der Bundesliga hieß der Alltag für Wunderlich ab Sommer 2011 dann fünfte Liga mit Viktoria Köln, wo Papa Franz Wunderlich der Sportliche Leiter war. Nach dem Aufstieg in die Regionalliga West gab es sogar ein Gespräch mit Roger Schmidt, dem damaligen Trainer von Bayer Leverkusen, aber Mike Wunderlich lehnte ab, wollte das Vertrauen "mit dem Aufstieg in die 3. Liga" zurückzahlen.

"Halt das Maul, du Missgeburt"

Im Sommer 2017 scheiterten die Kölner in der Aufstiegs-Relegation am Nordost-Teilnehmer Carl Zeiss Jena. Wunderlich sah im Hinspiel in der 89. Minute die rote Karte, fehlte im Rückspiel. Den Platzverweis sah er, weil er einem Gegenspieler "Halt das Maul, du Missgeburt" zugerufen hatte. "Das war natürlich ein großer Fehler. Aber ich muss eines dazu sagen: Ich wurde das ganze Spiel über aufs Übelste beleidigt, der Schiri hat das alles gehört und mich sogar beruhigt, in dem er mir sinngemäß den Rat gab: "Hören Sie einfach darüber hinweg in diesem Spiel.“ Als dann meinen Kindern Depressionen gewünscht wurden, ist es aus mir rausgebrochen. Es war mein einziger Wutausbruch in diesem Spiel, und dafür bekam ich sofort Rot, als hätte man nur auf diese Gelegenheit gewartet. Dadurch war ich im Rückspiel in Jena gesperrt, wir gewannen 1:0, und uns fehlte ein Tor zum Aufstieg."

2019 klappte es dann mit dem Sprung in die 3. Liga, zwei Jahre später schloss sich Wunderlich dem 1. FC Kaiserslautern an. Mit dem er nun den Weg in die 2. Bundesliga gehen konnte. "Der Aufstieg mit dem FCK war sportlich das Highlight meiner Karriere. Dass ich Köln 2021 Richtung Lautern verlassen habe, war für mich ein sehr schwerer Schritt, aber ich wollte es mir noch einmal beweisen und die letzte Chance nutzen, in der 2. Liga zu spielen", so der Offensivspieler. Es sei "die beste Entscheidung" gewesen. "Wir leben hier gerade einen wunderbaren Traum."

"Kampf hat sich gelohnt"

Der beim Eröffnungsspiel gegen Hannover 96 fortgeführt wurde. Die Führung erzielte er selber, saß auf der Bank, als Kevin Kraus in der Nachspielzeit zum 2:1 getroffen hatte. "Im ersten Moment war es pure Freude. In den Sekunden danach – bis zum Wiederanpfiff – liefen die letzten elf Jahre meines Lebens und meine Leidenszeit wie ein Spielfilm vor meinem geistigen Auge ab. Da habe ich gemerkt, dass sich mein harter Kampf von der 5. Liga zurück in die 2. Liga gelohnt hat. Ich weiß nicht, ob es viele Spieler gibt, die in meinem Alter noch mal ein Comeback in der 2. Liga gegeben haben."

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