Stuttgarter Chaostage: VfB-Boss Dietrich zurückgetreten

Der VfB Stuttgart versinkt kurze Zeit vor Saisonbeginn im Chaos. Keine 24 Stunden nach der desaströs verlaufenen Mitgliederversammlung am Sonntag trat der umstrittene Präsident Wolfgang Dietrich nach nicht einmal dreijähriger Amtszeit zu Wochenbeginn beim Bundesliga-Absteiger zurück und hinterließ an der Spitze ein Führungsvakuum.

"Lasse mir Würde und Ehre nicht nehmen"

"Ich kann und will nicht mehr verantwortlich für alles gemacht werden, was beim VfB Stuttgart nicht gut funktioniert“, begründete Dietrich in einem Facebook-Beitrag seine Demission. Der 70 Jahre alte Unternehmer, über dessen Abwahl die Mitgleider wegen einer technischen Panne entgegen der ursprünglichen Planungen nicht abstimmen konnten, attackierte außerdem seine bisherigen Kritiker wegen fragwürdiger Vorgehensweisen und Motive scharf: "Ich lasse mir meine Würde und Ehre nicht von denjenigen nehmen, die ihre Macht lautstark und mit verbaler Gewalt demonstrieren. Ebenso wenig von denen, die sich schon seit langem an den gut gefüllten Töpfen unseres Vereins bedienen wollen.“

Dietrich ließ dabei auch den Verdacht von Intrigen durchblicken: "Ich kann und möchte nicht mehr einer Organisation vorstehen, die weder willens ins, sich mit mir gegen diese Interessen zu stellen, noch in der Lage ist, den einwandfrei funktionierenden Ablauf einer Mitgliederversammlung zu gewährleisten.“

Dietrich zieht Konsequenzen

Durch seinen Abgang zog der 70-Jährige die Konsequenzen aus der massiven Kritik an seiner Person auf der Mitgliederversammlung. "Ich hätte den Grad der Feindseligkeit und Häme nicht für möglich gehalten“, schrieb Dietrich. Der bisherige Vereinsboss hatte die Mitgliederversammlung nach dem vorzeitigen Abbruch unter gellenden Pfiffen und lautstarken Forderungen der aufgebrachten Mitglieder nach seinem Rauswurf laut Bild-Zeitung nur mit Personenschutz verlassen können. In einer Erklärung bezeichnete Dietrich anschließend den Verlauf des Vereinstreffens als "schwarzen Tag“.

Anders als offenbar in den Führungsgremien des VfB, die Dietrich nach eigenen Angaben noch zur Fortführung seiner Ämter aufgefordert haben sollen, hatte der Klubchef an der Basis keinen nennenswerten Rückhalt mehr. Die Fans machen Dietrich vor allem wegen seines Fehlgriffes bei der Verpflichtung des inzwischen entlassenen Sportdirektors Michael Reschke (jetzt Schalke 04) für den erneuten Bundesliga-Abstieg des Ex-Meisters verantwortlich.

Kritik auch von Ex-Trainer Adrion

Zu den prominentesten Kritikern des bisherigen VfB-Bosses gehörte auf der Mitgliederversammlung auch Stuttgarts ehemaliger Trainer und Spieler Rainer Adrion.
"Sie hatten zuletzt bei der Auswahl der sportlichen Entscheider keine gute Quote. Für mich hat das etwas von Try and Error. Es sind keine ausreichenden Führungsstrukturen in diesem Bereich vorhanden, das ist offensichtlich“, meinte der Ex-Profi in Richtung Dietrich.

Der angezählte Vereinschef, der im Vorfeld von Stuttgarts militanter Anhängerschaft auch schon Drohungen erhalten hatte, reagierte darauf mit einem letzten verzweifelten Gesprächsangebot an die Opposition. "Das gilt auch und vor allem für die, die mich am härtesten kritisieren.“

Schon vor Dietrichs Rücktritt hatte sich die Verschleppung der Querelen beim VfB in die neue Saison abgezeichnet. Wegen der Sommerferien soll die Mitgliederversammlung erst Mitte September fortgesetzt werden. Unter der Voraussetzung eines funktionierenden WLAN-Netzes ist nun aber die Neuwahl eines Präsidenten und nicht mehr Dietrichs Abwahl der wichtigste Punkt auf der Agenda.

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